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Mittwoch, 10. Februar 2021 , Hessische Allgemeine (Kassel-Mitte) / Sport
Erst Rundlauf, jetzt Nationalkader
PORTRAIT - Tischtennis-Talent Tom Küllmer träumt von der Bundesliga
VON CARINA WAGENER
Kassel – Wir schreiben das Jahr 2015: Tom Küllmer nimmt an einem Fußball-Camp in Kirchheim teil. Seit drei Jahren kickt der damals Achtjährige für den GSV Eintracht Baunatal. Nun gilt es, das Wochenende dazu zu nutzen, weiter an Technik und Taktik zu feilen. Doch ausgerechnet bei diesem Trainingslager entdeckt Küllmer eine ganz andere Sportart für sich: Tischtennis. In jeder freien Minute spielt er mit den Fußballkameraden Rundlauf und hat eine Menge Spaß. Zurück zu Hause lässt er seine Eltern Marylin und Lars wissen, dass er gern zum Tischtennis-Training gehen möchte.
Ein paar Monate betreibt er beide Sportarten parallel, dann ist schnell klar, wofür sein Herz schlägt.
Heute, mehr als fünf Jahre später, ist Tom Küllmer als einer von nur zwölf Jungen in ganz Deutschland für den Nachwuchs-Nationalkader (U15) des Deutschen Tischtennis-Bundes nominiert worden. „Als meine Mutter mir die E-Mail vorgelesen hat, dachte ich zuerst, das sei eine Verwechslung“, erinnert sich der Linkshänder. „Aber als dann auch nach einigen Tagen keine Korrektur kam, habe ich mich wahnsinnig gefreut und will jetzt noch mehr Gas geben.“ Ein Sichtungslehrgang beim Bundestrainer in Düsseldorf Ende vergangenen Jahres gab den Ausschlag für die Kadernominierung.
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Doch zurück zu den Anfängen: Vladimir Kaprov und Diana Tschunichin, seine Trainer beim GSV Eintracht Baunatal, erkennen Toms Talent schnell. Nur vier Monate nachdem er erstmals den Tischtennis-Schläger in der Hand hatte, darf er bei den Kreismeisterschaften der Schüler antreten – und belegt dne fünften Platz. Seine Eltern, zwar sehr sport- aber bis dato wenig tischtennisaffin, gewöhnen sich genau wie Tom schnell an den neuen Alltag. Nach und nach wird das Trainingspensum ausgeweitet. Heute trainiert der Baunataler jeden Tag. Auch die Corona-Pandemie hat daran nichts geändert: Als Kadermitglied ist der 13-Jährige, der die siebte Klasse des Engelsburg-Gymnasiums besucht, berechtigt, weiter zu trainieren. Aktuell feilt der Angriffsspieler mit Kaprov an seinen Aufschlägen, mit Tschunichin verbessert er beim Balleimertraining seine Rückhand-Topspin-Technik. „Ich arbeite sehr gern mit Tom“, sagt seine Trainerin Tschunichin. „Er ist sehr ehrgeizig und für sein Alter taktisch und technisch schon unheimlich weit.“ Für den Sport nimmt Tom einiges in Kauf. Das ein oder andere Treffen mit Freunden, mit denen er sich gern zum Zocken oder Fußballspielen trifft, muss dann abgesagt werden. „Aber zum Glück hat er tolle Freunde. Einer hat sogar seine Geburtstagsfeier verlegt, damit Tom dabei sein kann“, erzählt Mutter Marylin. Ziel des Bayernfans ist es, irgendwann einmal in der Bundesliga zu spielen. Aktuell tritt er in der ersten Herrenmannschaft des GSV Eintracht Baunatal in der Bezirksliga an. Bei Turnieren trägt er am liebsten sein Glückstrikot, ein altes Tibhar-Shirt von Tom Schmidt, der seine Tischtennis-Karriere ebenfalls in Großenritte begann und inzwischen bei der SVH Kassel in der 3. Bundesliga aktiv ist. Toms Eltern, die vor Corona mehr als 10 000 Kilometer für Tischtennis-Fahrten auf dem Tacho hatten, begleiten ihn gern und fiebern mit. An ein ganz besonderes Erlebnis erinnert sich Tom gern zurück: 2019 flog er mit seinem Vater, den beiden Trainern und weiteren Spielern zu einem Turnier im russischen Sankt Petersburg. „Das war richtig cool“, erinnert sich Tom. „Und ich bin in meiner Altersklasse sogar Zweiter geworden.“ Wie sein Leben ohne das Fußball-Camp in Kirchheim weitergegangen wäre, kann Tom Küllmer sich gar nicht vorstellen. Die vielen tollen Tischtennis-Momente will er jedenfalls nicht missen. Viele weitere sollen dazu kommen – jetzt sogar als Mitglied des Bundeskaders.
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